EU-Politik. Vorwurf der Vetternwirtschaft: CDU-Abgeordneter Pieper verzichtet auf EU-Posten

Markus Pieper sollte heute sein Amt antreten
Markus Pieper sollte heute sein Amt antreten Copyright European Union 2023 - Source : EP
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Von Jack SchicklerEuronews
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Dieser Artikel wurde im Original veröffentlicht auf Englisch

Markus Pieper wird seine Arbeit bei der Europäischen Kommission nicht aufnehmen. Bei seiner Einstellung wurden Vorwürfe der Vetternwirtschaft laut.

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Markus Pieper hat nach lauter Kritik auf das Amt des EU-Mittelstandsbeauftragten verzichtet. Zuvor waren Zweifel am Verfahren, durch das er ernannt wurde, geäußert worden.

Pieper, derzeit Mitglied des Europäischen Parlaments, war im Januar für den Posten ernannt worden und sollte heute (16. April) seine Arbeit aufnehmen.

Die Berufung in die vermeintlich unparteiische Exekutive zog jedoch den Vorwurf der Vetternwirtschaft nach sich, da Pieper derselben deutschen politischen Partei angehört wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der Christlich Demokratischen Union.

"Der Präsident respektiert und bedauert die Entscheidung von Markus Pieper, sein Amt als KMU-Beauftragter nicht wie geplant am 16. April anzutreten", hieß es in einer am späten Montag veröffentlichten Erklärung des Kommissionssprechers Eric Mamer.

Nach den Europawahlen soll das Auswahlverfahren neubeginnen

Pieper, der seit 2004 EU-Gesetzgeber ist, sei ein "ausgewiesener Experte" für kleine und mittlere Unternehmen, sagte Mamer und fügte hinzu, dass die Auswahlverfahren nach den im Juni anstehenden EU-Wahlen wieder aufgenommen würden.

Offizielle Richtlinien besagen, dass die Ernennung von hochrangigen Kommissionsmitgliedern im Einvernehmen mit den Ressortkommissaren vorgeschlagen werden sollte – in diesem Fall hatte der für KMU zuständige EU-Kommissar Thierry Breton jedoch eindeutig Vorbehalte.

Ein Sprecher der Kommission erklärte gegenüber Euronews, dass es unabhängig von den veröffentlichten Leitlinien "gängige Praxis" sei, Spitzenkandidaten für leitende Positionen nur nach Rücksprache mit dem zuständigen Kommissar "im Hinblick auf eine Einigung" vorzuschlagen, was bedeutet, dass Breton nicht hätte zustimmen müssen.

Pieper sieht parteipolitisch motivierten Boykott

Berichten zufolge hat Pieper in den ersten Phasen der internen Bewertung nicht gut abgeschnitten. Deutsche Medien berichteten, dass unter anderem in der Anfangsphase des Bewerbungsverfahrens zwei Bewerberinnen im Testverfahren besser abschnitten als Pieper. Erst im Auswahlgespräch soll sich der deutsche Politiker durchgesetzt haben.

In einer Erklärung, die Euronews zugesandt wurde und über die ursprünglich das deutsche Handelsblatt berichtete, sagte Pieper, dass er nicht in der Lage sei, seine Aufgaben zu erfüllen, da Breton "meine Ernennung innerhalb der Kommission im Voraus boykottiert" habe, was Pieper als "schlechter Stil und ausschließlich parteipolitisch motiviert" bezeichnete.

"Ich habe mich erfolgreich einem sehr anspruchsvollen Auswahlverfahren gestellt", sagte Pieper, "nach den Europawahlen mit den absehbaren neuen Mehrheiten wird das anders aussehen".

Quellen, die Breton nahe stehen, sagten, Anschuldigungen über Boykott oder Parteipolitik seinerseits seien "bestenfalls lächerlich".

Breton selbst betonte in einem Beitrag im sozialen Netzwerk X die Bedeutung von "Transparenz und Kollegialität" bei der Ernennung der Kommission.

In einer eindeutigen Abstimmung von 382 zu 144 Stimmen, die größtenteils parteiübergreifend erfolgte, forderten die Abgeordneten von der Leyen auf, die Einstellung rückgängig zu machen und den Prozess neu zu starten.

Transparency International kritisiert von der Leyens Haltung

Die Ernennung von Pieper wurde auch von Aktivisten wie Transparency International kritisiert.

"Markus Pieper hat die richtige Wahl getroffen", sagte der Direktor von Transparency International EU, Nick Aiossa, in einer Erklärung gegenüber Euronews. "Für eine Ernennung, die nach politischer Vetternwirtschaft riecht, hätte Präsidentin von der Leyen, diese Entscheidung schon vor Wochen treffen müssen."

Mamer hatte zuvor erklärt, dass die Regeln der Kommission während des Einstellungsverfahrens vollständig eingehalten worden seien und dass die EU-Exekutive bei der Einstellung unabhängig bleibe.

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